März 28, 2024

Festung Europa – Stacheldraht der Schande

Und wieder eskaliert die Lage an den Grenzen der EU, derzeit vor allem an der polnischen Grenze. Das Bild, oder die Bilder, die wir zunehmend sehen, machen es schwer, nicht zynisch zu werden aus Wut und Trauer. Ca. 3.000 Menschen sammeln sich an den Grenzzäunen zwischen Polen und Belarus in einem riesigen Waldgebiet. Sie stecken fest: vor ihnen Stacheldraht und 15.000 Soldaten, hinter ihnen Polizei, die sie zurückschickt, tief ins Hinterland. Mindestens 10 sind schon gestorben. Kretschmer, Chef von Sachsen und CDU-Typ fordert uns auf, die „Bilder notleidender Menschen zu ertragen“. Bis was passiert? Bis noch mehr Leute an der Grenze sterben? Nein, das ertragen wir nicht. Solche Typen, für die ein Menschenleben nichts zählt, sind eine Warnung an uns alle.

Die EU möchte gar nicht, dass diese Menschen reinkommen. Deshalb ist der grundlegende Tenor, dass Lukaschenko, Präsident von Belarus, die EU erpressen will mit den nicht abreißenden Menschenströmen. Lukaschenko wiederum möchte die Aufhebung der Sanktionen gegen Belarus erreichen. Erst dann werde er seine Grenzen schließen und die Menschen sitzen wieder in den Ländern fest, wo sie das Pech hatten, geboren zu sein. Er will einen Deal wie ihn Erdogan 2016 bekommen hat: Geld, und dafür für die EU den Job des Grenzpolizisten übernehmen.

Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten
Furchtbar ist, dass durch den von Polen verhängten Ausnahmezustand weder Presse noch Hilfsorganisationen in den Grenzbereich dürfen. Dennoch dringen über Social Media Szenen zu uns, die die Situation in ihrem vollen Ausmaß nur erahnen lassen. Menschen campieren bei winterlichen Temperaturen in einem militärisch abgeriegelten Gebiet, häufig misshandelt, ohne Essen und Ausrüstung, kaum Hilfe.

SPD-Außenminister Maaß und andere EU-Politiker:innen verhandeln derweil über Sanktionen gegen Despoten wie Lukaschenko und Erdogan. Und das wars jetzt erst mal. Klar ist, dass weder der eine noch der andere irgendein Interesse an dem Leben der Menschen hat, die an der Grenze ausharren. Aber die Vertreter:innen der EU, die Wörter wie „humanitäre Hilfe“ lieben, sind noch schlimmer. Von CDU über SPD bis zu den AfD-Giftzwergen hat die polnische Regierung die Unterstützung für ihre Menschenjagd.

Die Grünen hatten die beste Idee: man müsse eine Informationskampagne in Syrien und anderen Ländern starten und den Leuten erklären, dass sie nicht kommen sollen. Soll man lachen? Ein Syrer, der am Sonntag auf der Berliner Demonstration zur Unterstützung der Geflüchteten sprach, erzählte, dass er einen Freund hat, der an der Grenze feststeckt. Wenn man dem in Syrien erzählt hätte, er sei in Deutschland nicht willkommen, hätte er sich bestimmt gedacht: hej, alles klar, bleib ich eben doch hier unter Bomben von Assad und islamistischen Terroristen. Wird schon… Ganz bestimmt nicht.

Es fällt schwer, nicht zynisch zu werden, angesichts der Machtkämpfe, über die Köpfe der Menschen hinweg, über die Leben von Menschen hinweg.

Kein Mensch ist illegal

Die aktuelle Situation ist kein Einzelfall. Menschen müssen überall auf der Welt fliehen, vor Hunger, Klimakatastrophen und Krieg, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen – große deutsche und EU-Unternehmen haben ihren Anteil daran. Europa verstärkt dagegen die Mauern an der Außengrenze zunehmend, Polen und Ungarn planen z.B. neue. Seit dem Fall der Berliner Mauer hat sich die Zahl der Grenzzäune weltweit verfünffacht! Die Zahl der Flüchtlinge steigt trotzdem.

Die EU mit 447 Millionen Menschen und einer der stärksten Wirtschaftsräume der Welt soll nicht in der Lage sein, ein paar Hunderttausend Menschen aufzunehmen? Es gibt Geld ohne Ende. Nicht bei uns, aber bei den sehr sehr reichen Menschen und den großen Konzernen, wie VW und Siemens, die gerade wieder Rekordgewinne verkünden. Überhaupt, fürs Kapital gibt es keine Grenzen. Sie exportieren und importieren was das Zeug hält, verlagern Standorte rings um den Globus. Wenn es den Unternehmen genehm ist, dürfen auch manchmal billige Arbeitskräfte mit dem „richtigen“ Abschluss und super Englischkenntnissen hier arbeiten. Die FDP will sogar künftig mit einer „Chancenkarte“ und einem Punktesystem die Menschen sortieren – eklig. „Gute“ oder „schlechte“ Migrant:innen gibt es nicht. Wir haben Platz: refugees welcome!

Demonstration in Berlin, 14. November 2021

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