April 18, 2024

USA: Der Kampf der Bahner ist auch unser Kampf

Letzten Freitag unterzeichnete Präsident Biden eine Resolution des Kongresses, um einen Tarifvertrag für die Eisenbahner durchzusetzen. Er und der Kongress haben diese Maßnahme ergriffen, obwohl die Mehrheit der Eisenbahner für die Ablehnung eben dieses Tarifvertrages gestimmt hatte. Trotz der außergewöhnlichen Gewinne, die die Eisenbahnunternehmen erzielen, wies der Kongress die Unternehmen nicht an, die Forderungen der Bahnbeschäftigten zu erfüllen. Die Politiker im Kongress, von den rechtsgerichteten Republikanern bis zu den so genannten progressiven Demokraten, sind alle gleich. Sie haben sich zusammengetan, um die Unternehmen zu verteidigen und von den Beschäftigten zu verlangen, dass sie die Klappe halten, sich zusammenreißen und wieder an die Arbeit gehen. Dies ist ein Angriff, nicht nur auf die Eisenbahner, sondern auf uns alle – die Arbeiterklasse als Ganzes.

Die Unternehmen behaupten über die Konzernmedien, dass sie großzügig sind und den Bahnbeschäftigten eine Lohnerhöhung von 24 Prozent über fünf Jahre anbieten. Aber die Arbeitenden haben seit drei Jahren keine Lohnerhöhung mehr erhalten – während der gesamten Pandemie. Hinzu kommt, dass diese Lohnerhöhung angesichts der Rekordinflation, die die Gehaltsschecks der Arbeitenden auffrisst, wenig bis gar nichts bedeutet.

Jeder Eisenbahner wird sagen, dass das Problem nicht nur ihre Gehaltsschecks sind. Der Kampf der Eisenbahner findet nach Jahrzehnten der Angriffe auf ihre Arbeitsbedingungen statt. In den letzten sechs Jahren haben die Eisenbahnunternehmen ihre Belegschaft um 29 Prozent reduziert und 45.000 Beschäftigte entlassen. Die verbleibenden Eisenbahner sind bis zum Äußersten belastet. Die Beschäftigten haben keinen regelmäßigen Dienstplan. Sie haben jederzeit Bereitschaftsdienst und müssen auf Zuruf arbeiten, oft an weit entfernten Orten.

Bei den Forderungen der Arbeitnehmer ging es nicht nur um Löhne und Sozialleistungen. Es geht vor allem um die Lebensqualität. Das Leben eines Eisenbahner bedeutet keinerlei persönliche Zeit. Besuche bei Familie und Freunden? Nicht, wenn das Unternehmen will, dass man arbeitet. Urlaub? Vergessen Sie es. Die Arbeitnehmer sind gezwungen, auf eigene Kosten von Hotel zu Hotel zu reisen, um dort zu sein, wo das Unternehmen sie haben will. Und vor allem haben die Eisenbahner nicht das Recht, einen Tag frei zu nehmen, wenn sie krank sind oder einen Arzt aufsuchen müssen. Die Beschäftigten forderten 15 Tage bezahlten Urlaub, damit sie arbeiten können, um zu leben, und nicht leben, um zu arbeiten.

In den letzten drei Jahren haben die Unternehmen, die Politiker, die Medien und alle anderen die Eisenbahner als „unverzichtbare Arbeitnehmer“ gefeiert. Und die Arbeitenden haben bereit gestanden! Genau wie die Beschäftigten im Gesundheitswesen, im Nahverkehr und in Supermärkten und Geschäften waren die Lokführer in der Öffentlichkeit unterwegs und riskierten eine Ansteckung mit dem COVID-Virus. Währenddessen konnten sich die Investoren und Führungskräfte unter Quarantäne stellen und ihre Geschäfte aus der Ferne erledigen.

Diese unbedeutenden Vorstandsvorsitzenden und Investoren taten nichts, um die Situation zu verbessern – sie kassierten einfach die Gewinne. Die Güterbahnunternehmen haben ihre Preise erhöht, um von der Krise der Lieferketten zu profitieren, als die Nachfrage in die Höhe schnellte und die Pandemie die Schifffahrt störte. Vor der Pandemie hatten sie die Bahnpreise seit 2002 um zehn Prozent erhöht. Während der Pandemie erhöhten die Unternehmen ihre Preise um weitere fünf Prozent. Die Geschäftemacherei geht weiter. Warren Buffets Konzern Berkshire Hathaway, das die BNSF Railway, eine der größten Eisenbahngesellschaften, betreibt, verzeichnete in den ersten drei Quartalen des Jahres einen Gewinnanstieg von vier Prozent bzw. 4,4 Milliarden Dollar.

In der Thanksgiving-Woche stieg Buffets persönliches Vermögen an einem einzigen Tag um fast 1,4 Milliarden Dollar. Mit diesem Geld könnte Buffet die von den Arbeitenden geforderten 15 bezahlten Krankheitstage finanzieren. Auch die Eisenbahngesellschaft Union Pacific steigerte ihre Gewinne im gleichen Zeitraum um 11 Prozent bzw. 5,36 Milliarden Dollar.

Die Regierungsvertreter, sowohl Demokraten als auch Republikaner, haben gesprochen. Sie sind auf der Seite der Unternehmen. Der von ihnen durchgesetzte Vertrag sieht nur einen Krankheitstag und eine Lohnerhöhung vor, die bereits von der Inflation aufgefressen wurde.

Die Bahnchefs forderten ihre Regierung auf, ihre Macht zu nutzen, um die Eisenbahner zu zwingen, nach diesem Vertrag zu arbeiten. Sie wollten keinen Streik riskieren – keiner der Chefs wollte das. Sie fürchten die Eisenbahner und sie fürchten uns, weil sie unsere Macht verstehen. Wir machen die ganze Arbeit, damit die Gesellschaft funktioniert, und das bedeutet, dass wir sie zum Stillstand bringen können. Verstehen wir, welche Macht wir haben, so wie es die Bosse und die Regierung tun? Das müssen wir.

Die Eisenbahner sind vielleicht noch nicht bereit, sich der Regierung zu widersetzen. Aber auf die eine oder andere Weise sind wir alle dem gleichen Angriff ausgesetzt. Und früher oder später wird der Kampf kommen, und wir alle müssen darauf vorbereitet sein. Der Kampf der Eisenbahner ist unser Kampf.

Eine Verletzung des einen ist eine Verletzung aller!

Dieser Artikel erschien zuerst am 4. Dezember 2022 auf englisch auf der website unserer Freunde in den USA „Speak out now“:

Dieser Artikel erschien zuerst am 4. Dezember 2022 auf englisch auf der website unserer Freunde in den USA „Speak out now“: https://speakoutsocialists.org/the-railway-workers-fight-is-our-fight/

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Ein Bahnstreik steht wieder auf der Tagesordnung, 27. November 2022

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Die US-Eisenbahner:innen könnten streiken und die Wirtschaft lahmlegen, 13. August 2022

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