„Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Ihr werdet hier belogen. Russen sind gegen den Krieg.“
Eine der bekanntesten Journalist:innen Russlands, Maria Ovsiannikova, stürmte vor einigen Tagen die meistgesehene Nachrichtensendung „Wremja“ (eine Art Tagesschau) des russischen Staatsfernsehens im Ersten Kanal und hielt ein Schild in die Kameras, auf dem stand: „Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Ihr werdet hier belogen. Russen sind gegen den Krieg.“In einem Video, das sie vorher aufgenommen hatte, erklärt Maria Ovsiannikova, dass sie einen ukrainischen Vater und eine russische Mutter hat und sie sie nie als Feinde gesehen hat. Sie nennt das, was in der Ukraine passiert, ein Verbrechen. Und sie sagt, dass die russischen Menschen denken und intelligente Menschen sind und „dass es allein in unserer Macht liegt, den Irrsinn zu stoppen. Geht auf die Straße. Habt keine Angst. Sie können nicht uns alle ins Gefängnis stecken.“Maria Ovsiannikova wurde nach der Aktion sofort festgenommen. Das Bezirksgericht hat sie gleich zur Zahlung einer Geldstrafe von 30.000 Rubel (252 Euro) verurteilt. Der Vorwurf: Aufforderung zur Teilnahme an Protesten. Im Gerichtssaal hatte sie erklärt: „Ich erkenne meine Schuld nicht an.“ Eine staatliche Untersuchung wurde eingeleitet. Das kann noch zu einem Strafverfahren führen wegen Verbreitung von „Falschnachrichten über das Militär“, was mit bis zu 15 Jahren Gefängnis geahndet wird.
Ihrem Beispiel folgten einige Journalist:innen, die Kündigungen einreichten. Beim russischen Staatsfernsehen soll es eine Rücktrittswelle geben.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht überall in Russland Gegner von Putins mörderischem Angriff auf die Straße gehen, um sich Gehör zu verschaffen – trotz der Verhaftungen. Die Protestierenden sind zwar in der Minderheit, aber es fehlt ihnen weder an Hartnäckigkeit noch an Humor. Da alle Parolen gegen den Krieg verboten sind, halten sie weiße Schilder hoch oder solche mit Texten wie „Sie wissen, was ich denke“ oder „Nur zwei Worte“ (auf Russisch wird „Gegen den Krieg“ in zwei Wörtern geschrieben: „Нет войне“). Bisher sollen laut der Nichtregierungsinformation OVD-Info mindestens 15.000 von ihnen festgenommen worden sein.
Eine Protest-Erklärung russischer Lehrer:inn
en erhielt in wenigen Tagen 5.000 Unterschriften.
Wir können den Mut von Maria Ovsiannikova und allen Protestierenden, die den Krieg trotz der Repression öffentlich anprangern, nur bewundern.