Oktober 8, 2024

Ein unmenschliches System

Wenn mit Flüchtlingen Wahlkampf gemacht wird, wird es immer unappetitlich. Und zweieinhalb Wochen vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen geht es fast nur noch darum. Auch die italienische extrem rechte Ministerpräsidentin Meloni hatte mit Stimmungsmache gegen Migrant:innen die Wahl gewonnen. Doch härtere Gesetze führen nur zu mehr Todesfällen auf der Flucht, nicht zu weniger Geflüchteten! Sie nehmen Tote in Kauf, das ist tausendfacher Mord.

Bilder von Lampedusa, dieser italienischen Insel auf der Höhe Tunesiens, die normalerweise 6.500 Einwohner:innen zählt und wo an einem einzigen Tag 5.000 Geflüchtete ankamen, gingen um die Welt. Dabei liegt es vor allem an der EU-weiten Grenzabschottungspolitik und der Verweigerung aller Regierungen, Geflüchtete aufzunehmen und zu versorgen, dass sie sich zu Tausenden auf dieser kleinen Insel drängen. Auch deutsche Politiker:innen hatten als erste Sorge, darüber zu diskutieren, dass Italien mehr dort Erstregistrierte Flüchtlinge zurücknehmen solle.

Das wirklich Dramatische

Während die die deutsche EU-Chefin von der Leyen sich mit Meloni zusammen auf Lampedusa zeigte und einen „Notfall-Plan“ vorstellte, wird der wirkliche Notfall ignoriert und verleugnet: Die Situation, die weltweit zig Millionen Menschen zur Flucht zwingt.

Erst kürzlich gab es die Bilder der lybischen Stadt Darna, die von den Fluten weggespült wurde mit Zehntausenden Toten. Es gab das schreckliche Erdbeben in Marokko, es gab Militärputsche in Westafrika, die auch die Folge jahrzehntelanger Ausplünderung dieser Länder durch westliche Konzerne sind. Die Lage auf dem afrikanischen Kontinent ist dramatisch.

Doch nicht nur in Afrika: Die meisten Asylbewerber:innen in Deutschland kommen nach wie vor aus Syrien und Afghanistan, wo NATO und Bundeswehr mit ihrem Kriegseinsatz wieder den Weg für die Schreckensherrschaft der Taliban bereitet haben.

Flucht lässt sich nicht verbieten

Solange die Ursachen bestehen bleiben, die einen großen Teil der Menschheit zu unwürdiger Existenz verdammen, werden immer mehr – trotz aller Gefahren – den Weg auch nach Europa suchen.

Es darum gehen, den Fluchtursachen den Kampf anzusagen, nicht den Flüchtenden!

Aber die Verantwortlichen für diese Ursachen sitzen zum großen Teil in Europa und den USA, in den Konzernzentralen, die jedes Jahr Milliarden scheffeln auf Kosten der ärmsten Teile der Weltbevölkerung.

Afrika gilt als der ärmste Kontinent, dabei ist er extrem reich an Rohstoffen, die seit Jahrzehnten geplündert werden. Auch deutsche Firmen profitieren von Erdöl und Erdgas aus Nigeria oder Algerien, von Lithium, das im Kongo oft mit Kinderarbeit gewonnen wird, usw.

Wasser kann Fluch oder Segen sein

Die Überschwemmung in Darna ist zusammen mit den vielen Extremwetterereignissen dieses Sommers genauso auf den Klimawandel zurückzuführen wie die zunehmende Trockenheit in großen Teilen der Welt. Laut UN wird bis 2040 fast jedes vierte Kind auf der Welt in einem Gebiet leben, das von extremer Trockenheit betroffen ist! Das wird noch mehr Menschen in die Flucht treiben. Für diesen Klimawandel ist die kapitalistische Art der Misswirtschaft verantwortlich, in der nur der Profit zählt und weder das Wohlergehen der Arbeitenden noch die natürlichen Ressourcen.

Ein kleiner Bruchteil der weltweiten Profite würde ausreichen, um allen Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu garantieren. Doch statt in menschenwürdige Lebensbedingungen zu investieren, werden afrikanischen Diktatoren dafür bezahlt, die Flucht selbst möglichst zu erschweren.

Die Entdeckung der Unmenschlichkeit

Ex-Präsident Gauck zur Flüchtlingsfrage: „Wir müssen Spielräume entdecken, die uns zunächst unsympathisch sind, weil sie inhuman klingen.“

Doch wir Arbeitenden verlieren nichts, wenn Menschen aus anderen Ländern kommen, die Kürzungen im Sozial- oder Bildungsbereich haben nichts mit Migration zu tun. Für uns ist Menschlichkeit auch eine Frage der Solidarität unter allen Arbeitenden. Die Flüchtlinge, die immer wieder nach Europa kommen, wollen hier arbeiten, sind unsere Kolleg:innen. Deshalb: Lassen wir uns nicht spalten. Für offene Grenzen! Aber auch: Profite runter und Investitionen in Bildung und Soziales rauf – für alle Menschen!

Foto: https://www.proasyl.de/news/lampedusa-haerte-gegen-schutzsuchende-statt-humanitaet/

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