Anfang September hat Scholz ein drittes Entlastungspaket angekündigt. Angeblich 65 Mrd. Euro lässt der Staat springen, um die Folgen der Inflation abzufedern. Aber wenn man hinter die Zahlen schaut, ist da viel heiße Luft. Die Regierung vermeidet tunlichst zu erläutern, wie sie auf die 65 Mrd. kommt.
Manche Maßnahmen sind auf jeden Fall sinnvoll, oft aber auch nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der nach wie vor explodierenden Energiepreise.
So bekommen jetzt auch Rentner:innen 300 Euro Einmalzahlung (macht insgesamt 6 Mrd. Euro) und Studierende 200 Euro (insgesamt 0,6 Mrd.). Es gibt 18 Euro zusätzliches Kindergeld im Monat. Wohngeld wird aufgestockt … Aber es werden auch ganz viele Maßnahmen in die 65 Mrd. eingerechnet, die entweder eh schon angekündigt gewesen sind, oder reiche Menschen einfach noch reicher machen. Wie Christian Lindners Steueranpassung, von der vor allem Gutverdiener:innen profitieren. Wie viele Mrd. werden Unternehmen hinterhergeworfen und wie viele von denen machen gute Gewinne?!
Auch die Einführung des „Bürgergelds“ wird zu dem Paket gerechnet. Die „Abschaffung“ von Hartz IV wurde im Wahlkampf versprochen. Aber am Ende ist es nur ein „Bürger-Hartz“ mit ungefährem Inflationsausgleich, wenn ab nächstem Januar 502 Euro monatlich als Regelsatz gezahlt werden. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat 678 Euro (jeweils plus Miete) berechnet als Bedarf für eine Grundsicherung, die diesen Namen auch verdient.
Die armen Unternehmen??!
Plötzlich wird ganz viel über Insolvenzen gesprochen und das nicht nur, weil Wirtschaftsminister Habeck sich da so ungeschickt geäußert hat. Uns allen wird der Mittelstand, der es ganz schwer hat, vorgeführt: die Bäckerei, die unter gestiegenen Energie- und Getreidepreisen leidet.
Das die vorgeschickt werden ist klar Propaganda: Es soll Akzeptanz geschaffen werden für immer neue Milliarden, die an Unternehmen verteilt werden. Und im Zusammenhang der anstehenden Tarifrunden soll auf die Tränendrüse gedrückt werden, dass höhere Löhne angeblich die Wirtschaft in den Ruin treiben würden.
Natürlich gibt es immer einzelne Unternehmen, auf die das zutrifft. Inflationszeiten sind Zeiten einer gewissen Krise, in der manche Unternehmen straucheln, andere umso mehr gewinnen und Konkurrenten aufkaufen können. Im ersten Halbjahr 2022 gab es trotz Ukrainekrieg und Inflation weniger Firmeninsolvenzen als ein Jahr zuvor. Und die DAX-Konzerne machen wieder mal Rekordgewinne.
Der Konzernchef von Uniper, dem Gasunternehmen das gerade mit zig Milliarden von Steuerzahler:innen und Stromkund:innen gerettet werden soll, hat Anfang September auf einer vom selben Unternehmen gesponserten Messe gesagt: „Wir haben definitiv eine gute Krise, lassen Sie uns die nicht verpassen.“ Kein Wunder, wo doch Uniper und andere Energiekonzerne von Habecks Ministerium am Entstehen des Gesetzes zur Gasumlage beteiligt worden sind.
Nicht nur die Energieriesen, sondern alle Konzerne nutzen die Inflation – um an der Preisschraube zu drehen und so den Anteil der Löhne am „Volkseinkommen“ zu senken und ihre Profite weiter zu steigern. Sie wollen die Ungleichheit noch weiter vorantreiben und uns zahlen lassen.
Und die Regierung bereitet neben ihren Entlastungspaketen schon wieder neue Sparrunden auf unsere Kosten vor, um nächstes Jahr die „Schuldenbremse“ wieder einzuhalten.
Wir haben nur uns selbst als Lobby – dafür sind wir viele!
Das dürfen wir nicht durchgehen lassen. Deshalb ist es so wichtig, in allen anstehenden Tarifrunden hart zu bleiben und Lohnerhöhungen mindestens in Höhe der Inflation durchzusetzen! Das wird nur mit entschlossenen Streiks möglich sein. Die Metallunternehmen haben in der ersten Verhandlungsrunde schon ihre Verachtung für die Beschäftigten gezeigt.
Aber auch jenseits von Tarifrunden müssen wir auf die Straße gehen. Am Montag, den 5. September gab es erste Demonstrationen für einen „heißen Herbst“. In Leipzig sind mehrere Tausend Menschen einem Aufruf der Linkspartei gefolgt. Gefordert wurde „Weg mit der unsozialen Gasumlage“ und ein Gas- und Strompreisdeckel. In Berlin kamen Tausend Protestierende vor dem Sitz von Habecks Parteizentrale zusammen. Neben ähnlichen Forderungen wie in Leipzig ging es auch gegen die privaten Energiekonzerne: Statt ihnen Steuergelder in den Rachen zu werfen sollten sie enteignet werden!