Der Bundespräsident, der Papst und andere überziehen die Welt zu Weihnachten mit salbungsvollen Botschaften. Doch gibt es nicht allzu viel zu feiern dieses Jahr, wenn man sich die Weltpolitik anschaut. Was mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor einem Jahr begonnen hat – eine Zuspitzung internationaler Konflikte, Aufrüstung und Kriegstreiberei – setzt sich aktuell im Nahen Osten fort. Hierzulande bleiben die allgemeinen Preise hoch. Die Aussichten für Löhne, Renten und Sozialleistungen sind so lala. Was wird uns 2024 bringen?
Wo bleibt die Menschlichkeit?
Für die 2,3 Millionen Menschen in Gaza gibt es nichts geschenkt, nicht einmal eine Feuerpause, erst recht keinen Waffenstillstand oder Frieden. Grausamer Hohn sind die Aufforderungen der israelischen Armee an die Zivilbevölkerung, diese oder jene Gebiete aufzusuchen, die angeblich nicht angegriffen werden würden – in denen es weder Obdach, noch Lebensmittel, noch Sanitäranlagen gibt -und die regelmäßig dann doch bombardiert werden. Über 21.000 Menschen sind der israelischen Offensive mittlerweile zum Opfer gefallen, davon 70 % Frauen und Kinder, und bis Weihnachten waren nach UN-Angaben 60 % aller Gebäude (!) im Gazastreifen zerstört oder beschädigt. Der schreckliche Anschlag der Hamas war nur der Vorwand für diese Menschenjagd. Gibt es noch moralische Grenzen? Ist das unsere Zukunft, in der Menschenleben so gar nichts mehr zählen?
Die Bundesregierung ist für das Grauen in Gaza mit verantwortlich. Denn sie stärkt der israelischen Regierung den Rücken. Doch das Töten von Zehntausenden und die Vertreibungen werden nur neuen Hass heraufbeschwören und auch den jüdischen Menschen in der Region keine friedliche Zukunft bringen. Trotz mancher leerer Worte über Humanität gilt die Sorge der Bundesregierung nicht der Zivilbevölkerung in Gaza (auch sonst interessieren sie sich nicht für die Menschen, weder in den zerrüteten armen Regionen der Welt noch hierzulande), sondern aktuell interessiert sie der Handelsweg durchs Rote Meer. Die Wirtschaft hat wie immer oberste Priorität. Denn Israels Krieg gegen den Gazastreifen hat das Pulverfass Nahost wieder entflammt und die Huthi-Rebellen im Jemen antworten auf den Krieg gegen Gaza mit Drohnenangriffen auf Handelsschiffe. Die USA und andere imperialistische Kräfte sind schon vor Ort, Deutschland will die Bundeswehr hinschicken. Ein Kriegseinsatz mehr?
Wo bleibt das Soziale?
Die Bundeswehr wird natürlich von allen Sparmaßnahmen ausgenommen. Wir bezahlen dafür mit unseren Steuern. Ansonsten hat sich die Ampelkoalition aber auf weitreichende Kürzungen geeinigt, unter anderem beim Bürgergeld. Angeblich müsse mal wieder gespart werden, behaupten die Politiker:innen der großen Parteien. Doch die Schuldenbremse und das Haushaltsloch, das entstanden ist, weil das Bundesverfassungsgericht einen Buchungstrick nicht erlaubte, sind vorgeschoben. Mit „Sondervermögen“ für die Bundeswehr oder andere Bereiche gibt es viele Schattenhaushalte. Und wenn die Milliardengewinne und das Vermögen der Großaktionär:innen konsequent besteuert würden, gäbe es überhaupt keine Defizite. Wofür Geld da ist und wofür nicht, ist immer eine Frage des politischen Willens und des Kräfteverhältnisses.
Müssen wir also die Dinge selbst in die Hand nehmen!
Zumindest das ist etwas, worauf man positiv zurückschauen kann im Jahr 2023: Die Gesamtheit der Arbeitenden, die Arbeiter:innenklasse, hat mehrfach gezeigt, wie das Kräfteverhältnis sich verändern lässt. Im Frühjahr genauso wie in den letzten Monaten gab es viele Bereiche in denen gestreikt wurde oder in denen die Streikbereitschaft hoch war. Ablesen ließ sich das an den hohen Forderungen, die gestellt wurden (teilweise wurden über 20 % Lohnerhöhung gefordert). Angesichts der Teuerung und der Unverschämtheit, mit der sich Kapitalbesitzer und Vorstände überall die Taschen vollmachen, waren und sind die Forderungen mehr als gerechtfertigt. Auch wenn die Gewerkschaftsspitzen kaum die Streikbereitschaft ausgenutzt haben, um in den Verhandlungen das Maximale rauszuholen, im Vergleich zu vergangenen Jahren hat sich die Stimmung durch diese Tarifrunden und die Streikaktionen verändert. Das ist etwas, woran wir 2024 anknüpfen können: Mit Selbstbewusstsein und Entschlossenheit dafür eintreten, dass das kommende Jahr besser wird. Dass allen Ausbeuter:innen und Kriegstreiber:innen ihre menschenverachtende Arroganz vergeht und die Solidarität der Arbeitenden an ihre Stelle tritt.
In diesem Sinne: auf ein gutes neues Jahr 2024!