Über 9.000 Menschen wurden bei den Bombardierungen Gazas und der Bodenoffensive der israelischen Armee mittlerweile getötet, laut Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef darunter etwa 3.500 Kinder. Und das Töten geht weiter, vor den Augen der Weltöffentlichkeit. In Gaza findet eine humanitäre Katastrophe statt, die auf der ganzen Welt Empörung und Solidarität mit den Palästinenser:innen hervorruft.
Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ spricht von „Gräueltaten von noch nie dagewesenem Ausmaß“, Angelina Jolie davon, dass Gaza zu einem Massengrab werde. Vor der Bodenoffensive hatte die israelische Armee die Bevölkerung Gazas zynisch aufgefordert, aus dem Norden in den Süden des Gazastreifens zu fliehen, wobei alle Grenzen abgeriegelt sind. Lediglich ein paar Hundert Menschen mit ausländischem Pass durften nun Gaza Richtung Ägypten verlassen.
Die israelische Armee und Regierung sprechen nach dem Angriff vom 7. Oktober von „Verteidigung“ gegen die Hamas. Ja, das Massaker der Hamas an über 1.400 jüdischen Zivilist:innen und die Entführung von über 200 war barbarischer Terror. Doch die israelische Armee verübt ebenfalls ein Massaker mit schon achtmal mehr Todesopfern. Über 2 Mio. Menschen werden kollektiv bestraft. Durch die vollständige Blockade fehlt es an Treibstoff für Generatoren, so dass weder Wasserversorgung noch Krankenhäuser funktionieren können.
Die Bevölkerung Gazas hat schon vor dem jetzigen Krieg am Tropf von Hilfslieferungen gehangen, weil das von Israel komplett abgeriegelte Gebiet nicht lebensfähig ist. Und nun fehlt es an allem.
Antisemitismus überall?
Diese schreiende Ungerechtigkeit und das Leid der Menschen in Gaza sind Gründe genug, für die Palästinenser:innen auf die Straße zu gehen. Doch wer in Deutschland protestiert gegen die Politik der rechtsradikalen israelischen Regierung, wird von der offiziellen Politik und vielen Medien sofort zur Antisemit:in gestempelt.
Wochenlang wurden alle pro-palästinensischen Demonstrationen polizeilich verboten, was wirklich ein Skandal ist. Die Berliner Bildungssenatorin (CDU) hat sogar das Tragen von Palästinensertüchern und Flaggen an Schulen verbieten lassen. Das heißt, die palästinensische Identität an sich soll jetzt schon antisemitisch sein?
Es besteht ein gravierender Unterschied zwischen antisemitischer Hetze einerseits und einer Kritik und Verurteilung der Politik des Staates Israel gegen die Palästinenser:innen andererseits.
Nicht wenige Jüd:innen weltweit kritisieren Israel und gehen für die Freiheit Palästinas auf die Straße: In Washington besetzten Jüd:innen das Kapitol und forderten einen Waffenstillstand. Hunderte Aktivist:innen der „Jüdischen Stimme für Frieden“ besetzten unter dem Motto „Nicht in unserem Namen“ den größten Bahnhof von New York. Auch in Israel selbst gab es erste kleine Proteste, die ein Ende des Krieges forderten. Diese Proteste sind ganz sicher nicht antisemitisch.
Die Verantwortung Deutschlands
Gerne sprechen Politiker:innen jetzt über den „importierten Antisemitismus“. Und das in Deutschland, 78 Jahre nach dem Holocaust an den europäischen Jüd:innen und 4 Jahre nach dem antisemitischen Attentat in Halle. Doch nun werden Migrant:innen für jeglichen Antisemitismus verantwortlich gemacht und Deutschland stellt sich als Moralapostel dar.
Dafür wird der Holocaust, die systematische Ermordung von 6 Mio. Jüd:innen durch deutsche Nazis, als Begründung herangezogen, weshalb Deutschland bedingungslos an der Seite Israels und seiner jeweils aktuellen Regierung stehen müsse.
Dabei haben viele der größten deutschen Unternehmen, die heute bedingungslos an der Seite Israels stehen, von der Naziherrschaft, manche sogar direkt vom Holocaust profitiert.
Für Jüd:innen bedeutet die Existenz des Staates Israel keine sichere Zuflucht. Er behandelt Araber:innen als Bürger:innen zweiter Klasse und unterdrückt sie in den palästinensischen Gebieten seit Jahrzehnten militärisch. Damit sorgt er für Hass und Verzweiflung, auf deren Grundlage die Hamas stark werden konnte.
Unsere Verantwortung, nicht nur in Deutschland, ist es gegen jede Form von Unterdrückung und Barbarei zu protestieren. Das heißt konkret für ein Ende des israelischen Kriegs in Gaza und für das Recht auf Selbstbestimmung der Palästinenser:innen, wie auch der jüdischen und aller anderer Menschen in der Region!
Am Samstag, 4. 11. um 14 Uhr am Alexanderplatz (Neptunbrunnen) in Berlin ist dazu die nächste Gelegenheit.




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