Bericht vom 30. Mai 2022 ( https://lanticapitaliste.org/actualite/entreprises/trois-jours-de-greve-reussis-la-ratp-ce-nest-que-le-debut )
Drei Tage lang, am 23., 24. und 25. Mai, streikten die Bus- und Straßenbahnfahrer sowie die Instandhaltung der RATP (Öffentlicher Verkehr von Paris) massiv: Bei einer Streikbeteiligung von 50 bis 60 Prozent wurden viele Linien nicht bedient. Die kämpferischen Teams trafen sich um die morgendlichen Streikposten und versammelten sich dann am Montag vor dem Verkehrsministerium und am Dienstag vor dem Hauptsitz der RATP. Eine Art, die „Öffnung für den Wettbewerb“ (oder „Konkurrenzfreigabe“: solche Wörter benutzt die Betriebsleitung , um das Wort Privatisierung zu vermeiden) anzuprangern, die nichts anderes bedeutet, als dass die Beschäftigten zugunsten der Absprachen zwischen den großen Konzernen der Branche gegeneinander ausgespielt werden. Die Leitung der RATP will den „territorialisierten Sozialrahmen“ (so nennen sie das Projekt = eine Art lokaler Tarifvertrag) bereits in diesem Sommer – wahrscheinlich zum 1. August – durchsetzen.
Auf der Wunschliste stehen unter anderem die Streichung bestimmter Prämien und Vergünstigungen sowie der Diebstahl von Urlaubstagen, usw.. Die Geschäftsleitung beziffert die geplante Arbeitszeiterhöhung auf 120 Stunden pro Jahr, die Gewerkschaft auf 190. In jedem Fall werden zwischen einem Monat und sechs Wochen Arbeit gestohlen! Das Ganze wird von einer Erpressung begleitet: das vage Versprechen einer jährlichen Prämie, die einem Monatslohn entspricht, unter der Bedingung, dass die Gewerkschaften diesen sozialen Rückschritt unterzeichnen. Und dafür scheute die Geschäftsleitung keine Mühen und schickte ihre Führungskräfte los, um bei den Beschäftigten für ihre Zustimmung zu werben und Druck auf ihre Gewerkschaften auszuüben, damit sie unterschreiben. Doch weder höfliche Reden noch bunte Hochglanzflugblätter konnten die Beschäftigten von dem Betrug überzeugen, den diese Vereinbarung darstellt. Angesichts dieser Erpressung haben sich die Beschäftigten der RATP für den Kampf entschieden!
Die Beschäftigten sind zwar massiv dem Streikaufruf gefolgt, aber es waren die Gewerkschaftsführungen selbst, die den Aktionen der Busfahrer Grenzen gesetzt haben. Der Aufruf zu einem dreitägigen Warnstreik, der im Voraus verpackt und von oben beschlossen wurde, hat nicht dazu beigetragen, die Beschäftigten davon zu überzeugen, dass es sinnvoll ist, sich zu den Streikposten zu begeben, um die weitere Bewegung zu organisieren. Die Entscheidung, den Streik nur auf die Bus- und Straßenbahnfahrer zu beschränken – auch wenn die Arbeiter der Werkstätten zu Recht darauf bestanden, sich anzuschließen – fördert die Zersplitterung der Antwort auf die Erpressung, obwohl es dringend notwendig wäre, sie zu bündeln. Denn Gründe, sich zusammenzuschließen, gibt es in allen Bereichen des Unternehmens: Konkurrenzkampf, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, Personalmangel und vor allem zu niedrige Löhne, die nicht mit der Inflation Schritt halten, betreffen auch die U-Bahn, die Werkstätten und sogar die Büros! Diese Bereiche sind übrigens alles andere als eingeschlafen: es gab vereinzelte Überraschungsstreiks bei der U-Bahn, wiederholte kurze Streiks bei der RER (=S-Bahn) (insbesondere ein einstündiger Streik auf der B-Linie während des Champions-League-Finales), ein möglicher Streikaufruf im Juni in den Werkstätten.
Die Wut ist durchaus vorhanden, um die Gegenwehr gegen die Unternehmenspolitik bei der RATP aufzubauen, trotz dieser Grenzen, die die Gewerkschaftsorganisationen setzen. Es müssen schnell Folgemaßnahmen durchgesetzt werden, noch vor dem 1. August und in allen Abteilungen, um ein starkes Kräfteverhältnis aufzubauen, mit der alle Pläne der Geschäftsleitung umgeschmissen werden können.