Oktober 4, 2024

„Wenn wir streiken, steht die Welt still!“

Auch dieses Jahr gab es am 8. März, dem internationalen Frauenkampftag, Proteste und Streiks. In Berlin kamen 10.000 zur Demonstration unter dem Titel „Wenn wir streiken, steht die Welt still!“, die gemeinsam mit ver.di und der GEW im Zusammenhang der laufenden Tarifkämpfe organisiert wurde.

Die Ursprünge des 8. März: Proteste und Streiks für Gleichberechtigung und gegen Ausbeutung

Die üblichen lächerlichen Rührseligkeiten zum Frauentag haben nichts mit der Kampfentschlossenheit zu tun, mit der der Tag verbunden ist. Die Geschichte des feministischen Kampftages ist eng mit der Geschichte von Streiks verknüpft. Schon in der Hochphase der Industrialisierung legten Frauen ihre Arbeit nieder, häufig für kürzere Arbeitszeiten. Es war die internationale sozialistische Arbeiter:innenbewegung, die sich im Jahr 1910 der feministischen Frage annahm. Der erste internationale Frauenkampftag war am 19. März 1911. Im Jahr 1917 war das große Elend im dritten Jahr des Ersten Weltkriegs für russische Textilarbeiterinnen der Anlass, am 8. März in den Streik zu treten, und sie zogen die männlichen Arbeiter mit sich. Dieser Frauenstreik war der Auslöser für die größte Revolution des 20. Jahrhunderts, die Russische Revolution.

Später, Ende des 20. Jahrhunderts, lebte die Idee des Frauenstreiks wieder auf. Es ging nun um kostenfreie Kinderbetreuung und Gleichheit der Geschlechter, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und das Recht auf Abtreibung. Bahnbrechend war der Streik hunderttausender Frauen 1991 in der Schweiz. In Spanien beteiligten sich am 8. März 2018 mehr als 5,3 Mio. an einem Frauenstreik und in Lateinamerika wurde er ein probates Mittel in der Bewegung „NiUnaMenos“ gegen die tagtäglichen Femizide, also die Tötung von Frauen, weil sie Frauen sind.

Frauen kämpfen weltweit

Der letzte Bericht der Weltbank zur Situation der Frauen in der Welt zeigt, dass sich in den letzten Jahren kaum etwas gebessert hat; teilweise ist es schlimmer geworden. Doch im Jahr 2023 steht auch das Schicksal der Frauen im Iran in einem neuen Licht. Die Ermordung der jungen kurdischen Frau Mahsa (Jîna) Amini löste eine Protestwelle aus, die bis heute anhält. Der unglaubliche Druck des unterdrückerischen Regimes lastet am schwersten auf den Frauen. Aber ihr Kampf verband sich schnell mit dem Protest gegen die Repression, die alle betrifft, und die sozialen Probleme. Der Aufstand im Iran ist feministisch.

Ausbeutung und Diskriminierung: Kämpfe zusammenführen!

Doch auch in Kämpfen, die nicht die Frauen im Titel tragen, stehen sie an vorderster Front. Gerade wird überall in Europa wieder gestreikt: in Frankreich, England, Portugal, Spanien und auch in Deutschland. Im Zentrum stehen höhere Löhne, oder – im Falle von Frankreich – die Rentenreform. Natürlich treffen neoliberale Reformen, Inflation und Sparmaßnahmen im Öffentlichen Dienst alle Arbeiter:innen. Aber aufgrund der gesellschaftlichen Position vieler Frauen in Halbtagsjobs, als Geringverdiener:innen und als diejenigen, die häufiger mal jahrelang von der Arbeit zurücktreten, um die Versorgung von Kindern und Familie zu gewährleisten, sind Frauen immer noch besonders hart getroffen. Selbst die Lohnungleichheit besteht weiter. Im Durchschnitt verdienen Frauen in Deutschland immer noch 18% weniger als Männer. Frauen beziehen im Durchschnitt 420 Euro weniger Rente als Männer – das ist circa ein Drittel weniger! Damit sind sie schon heute viel stärker von Altersarmut betroffen und mit Rentenreformen und Inflation wird sich das noch verschlechtern.

Auch was Gewalt gegen Frauen angeht, steht Deutschland miserabel da. Alle 3 Tage stirbt eine Frau durch die Gewalt ihres Partners oder Ex-Partners. Wenn Frauen – oft mit Kindern – vor häuslicher Gewalt fliehen wollen, stehen sie vor einer Mauer an Problemen. Es gibt nicht genug Frauenhäuser und Sozialarbeiterinnen, weil der Staat das nicht finanziert.

Und so muss man die Kämpfe um Geschlechtergerechtigkeit, für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne zusammen denken. Und all die offiziellen, mit viel Brimborium abgehaltenen Versprechungen zu Quoten oder „Entgelttransparenz“ oder auch Baerbocks „feministische Außenpolitik“ sind nur ein dicker Farbanstrich, um die realen Probleme zu verkleistern.

Das kapitalistische System schafft es, auch ohne explizit frauenfeindliche Gesetzgebung, Sexismus aufrechtzuerhalten und stützt sich auf Ungerechtigkeit, von der schließlich nur eine sehr kleine Minderheit sehr Reicher profitiert. Und so gibt es einen klaren Plan für unsere Kämpfe: Wir müssen sie zusammenführen, über den 8. März hinaus.

Berlin, 8. März 2023

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