Dezember 2, 2024

Frankreich: „Ich hab kein Covid gekriegt, aber ihr habt mich mit (Toll-)Wut angesteckt!“

Wie in allen Ländern wurden in Frankreich während des Höhepunkts der Corona-Krise die PflegerInnen von Balkonen und Fenstern beklatscht und von der Regierung als Nationalhelden gepriesen. Dabei hat die Regierung Macron, wie alle vorherigen, seit Jahrzehnten konsequent die Krankenhausbudgets gekürzt, Betten und Stationen geschlossen und Arbeitsbedingungen und Gehälter angegriffen.

Seit dem Frühling 2019 kämpfen die Pfleger*innen bereits gegen diese Politik. Zunächst in den Notaufnahmen und später auch in anderen Stationen hatte es das ganze Jahr Streiks, Die-Ins, Petitionen, Demonstrationen und andere Aktionen gegeben. Am 14. November gingen Zehntausende auf die Straße, sogar Ärzte und Stationschefs. 300 € mehr für alle, Neueinstellungen und neue Betten in allen Krankenhäusern waren die drei Hauptforderungen, die von den frankreichweiten Versammlungen des Notaufnahmen-Kollektivs beschlossen wurden.

Von Schlachtvieh zu Helden… und wieder zurück!

An allererster Front in der Coronakrise, wurde das Krankenhauspersonal nun von denjenigen, die diese Forderungen ignoriert und teilweise Polizei gegen die Streikenden eingesetzt hatten, zu fast übermenschlichen Helden erklärt. Und für diese Helden gab es… einen einmaligen Zuschlag von (maximal) 1500 €, nicht einmal für alle, plus einen Orden! Das war genug, um bereits während der letzten Wochen des Lockdowns die Wut der letzten Jahre wieder hochbrodeln zu lassen, die von der katastrophalen Entwicklung der Pandemie noch verstärkt wurde. Jeden Donnerstag, und zunehmend auch dienstags, fanden vor den Krankenhäusern Kundgebungen statt. Die Antwort der Regierung: eine pompöse Diskussionsrunde mit allen Akteur*innen der Gesundheitsbranche… in der bis jetzt als Einziges klar zu sein scheint, zunehmend private Unternehmen für medizinisches Material einzubeziehen und die Arbeitszeit zu „flexibilisieren“, also zu verlängern.

Auf dem Transparent: „Weiße Kittel, Schwarze Wut“

Das Krankenhaus erstickt – I can’t breathe

Wie in vielen Ländern gibt es seit Wochen im ganzen Land Demos gegen alltäglichen Rassismus und Polizeigewalt, während erste Streiks auf die kommenden Kündigungen (5.000 Stellen bei Renault, bis zu 10.000 bei Air France) antworten. In diesem Kontext schien die neue Großdemonstration der Pflege am 16. Juni mehr als nur eine weitere Demo der „Helden“, die nun wieder vergessen werden. Zehntausende demonstrierten in 220 Städten Frankreichs, aus fast jedem Krankenhaus oder Altersheim gab es Blocks mit Bannern, die zu den Aktionen und Demos zogen. Begleitet von Tausenden „Unterstützer*innen“ oder aber auch Arbeitenden anderer Branchen, die sowohl ihre Wut als auch ihre Solidarität ausdrücken wollten. Und aus den „Helden“ waren endgültig wieder unangenehme Demonstrant*innen geworden, wie die brutale Festnahme einer 55-jährigen Pflegerin bei der Pariser Demo eindrücklich klar machte.

Doch die Pflege zeigt den Weg: Nur durch Kampf und Demonstrationen wird die Welt nach Corona nicht wie eine schlimmere Version der alten aussehen!

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