April 26, 2024

Wer zahlt für Corona?

In diesen Tagen zeigen die Regierenden mal wieder, was sie von arbeitenden Menschen halten: Wir sollen arbeiten gehen, sonst nichts. Beim neuen „Lockdown light“, der am Dienstag von Merkel und Länderchefs verhandelt wurde, bleiben diesmal Schulen und Kitas offen, damit die Kinder betreut sind und die Eltern verfügbar bleiben. Als Arbeitskräfte sollen wir das Land und vor allem die Profite für die Reichen am Laufen halten, uns täglich am Arbeitsplatz und in überfüllten Bahnen dem Virus aussetzen, aber Freizeit und Freunde bitte nicht mehr und ansonsten: Ruhig bleiben!

Wut und Entschlossenheit gibt es reichlich

Auch beim Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVÖD) wurde die „Wertschätzung“ für Beschäftigte deutlich: Wert haben sie, wenn sie arbeiten. Streiken oder Forderungen stellen sollen sie aber nicht. Bund und Kommunen unter Verhandlungsführung von Innenminister Seehofer hatten darauf gesetzt, die Corona-Pandemie schamlos auszunutzen: Einerseits, indem erklärt wurde, die öffentlichen Kassen seien durch Corona leer, andererseits, indem Stimmung gegen angeblich unverantwortliche Streiks gemacht wurde. So gewappnet war der Staat mit der Forderung einer Nullrunde in die Verhandlungen gestartet.

Aber diese Strategie war dann doch zu dreist: Hunderte Milliarden hat der Staat in der Corona-Krise in kürzester Zeit für Banken und Konzerne zur Verfügung gestellt. Und dann soll man glauben, eine Lohnerhöhung scheitere an Geldmangel? Die Streikbereitschaft war groß und an den Warnstreiks haben sich Zigtausende bundesweit beteiligt. Das hat Druck erzeugt und die Nullrunde war schnell vom Tisch.

Schwacher Abschluss mit ellenlanger Laufzeit

Am Ende wird der Staat den vom TVÖD erfassten 2,3 Mio. Beschäftigten insgesamt 4,5 Mrd. Euro Lohnerhöhung in den nächsten 2 ½ Jahren zahlen. Gerade halb so viel wie die Lufthansa, ein einziger Konzern, bekommen hat! Seehofer konnte zufrieden sein, denn man ist weit entfernt von der ver.di-Forderung von 4,8 % mehr Lohn für ein Jahr.

Die inzwischen übliche Verkaufsstrategie für maue Tarifabschlüsse besteht darin, eine lange Laufzeit zu vereinbaren und die Steigerungen über mehrere Jahre zu addieren. So kann man jetzt bei fast 2 ½ Jahren Laufzeit von 3,2 % sprechen. Dabei gibt es für die ersten 7 Monate gar nichts und dann pro Jahr einmal 1,4 % und einmal 1,8 %. Das wird kaum mehr als ein Inflationsausgleich sein, und dafür soll die Waffe des Streiks für mehr als zwei Jahre wieder eingemottet werden.

Ansonsten ist der Abschluss ein unübersichtlicher Flickenteppich und bedeutet eine völlig inakzeptable Aufspaltung von Berufsgruppen: Pflegekräfte bekommen eine besondere Erhöhung. Sie brauchen auch dringend höhere Löhne, aber genauso dringend bessere Arbeitszeiten und Pausenregelungen und eine bessere Personalbesetzung, über die nichts gesagt wird. Und dass, obwohl die Pflegekräfte schon seit Jahren, auch mit Streiks, auf den Personalnotstand aufmerksam gemacht haben! Angesichts steigender Corona-Zahlen, schlagen die Krankenhäuser wegen fehlender Pflegekräfte bereits wieder Alarm. Die Erhöhung jetzt wird nicht ausreichen, die seit Jahren geschaffene Personalnot mittelfristig zu lindern.

Dagegen gibt es für Kolleg*innen in Sparkassen und Flughäfen sogar Kürzungen. Letzteren wird das angesichts der 9 Milliarden für die Lufthansa besonders sauer aufstoßen!

Es sind nicht die Arbeitenden, die für die Krise bezahlen!

In den sozialen Medien wurde gegen den Streik Stimmung gemacht. Doch die Krankenhausbeschäftigten sagen deutlich: „Es ist der Normalzustand und nicht der Streik, der die Patienten gefährdet“.

Politik und Konzerne versuchen, die Coronakrise auf dem Rücken der Arbeitenden auszutragen. Für die Bevölkerung gibt es nichts als Belehrungen, Einschränkungen, Kürzungen oder sogar den Jobverlust. Hinter ihren Entscheidungen, gerade auch den widersprüchlichen und intransparenten, steht der Versuch, die Gewinne der großen Unternehmen trotz Pandemie zu halten und dafür zu sorgen, dass die Arbeitenden weiter ausgebeutet werden. Die Verärgerung dagegen wächst.

Wir brauchen eine massive Antwort der Arbeitenden: Statt wie die Gewerkschaftsführungen die Vereinzelung von Streikaktionen zu kultivieren, die TVÖD-Runde vom Nahverkehr zu trennen, müssen Proteste ausgedehnt und zusammengeführt werden!

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