Migration ist seit ein paar Wochen das Lieblingsthema der Politik. Mit seinem Satz über die Migrant:innen, die sich angeblich die Zähne neu machen lassen, während „die deutschen Bürger“ keinen Termin kriegen, passt sich der CDU-Mann Merz dem Rassismus der AfD an. Selbst Kanzler Scholz (SPD) teilt die Meinung, die Zahl der Flüchtlinge sei zu hoch.
Die Migrant:innen haben aber mit dem Mangel überall nichts zu tun. Der Gesundheitsbereich wird seit Jahren kaputt gespart. Die Regierung plant gerade weitere Kürzungen im Bundeshaushalt (nur nicht bei Militärausgaben). Auch bei den Kommunen überall Kürzungsorgien. Die Situation im Sozialbereich ist katastrophal. Nicht umsonst demonstrieren Sozialarbeiter:innen für mehr Geld für die Jugend! In den Schulen ist der Mangel an Lehrkräften enorm. Seit Monaten streiken sie in Berlin gegen übervolle Klassen. Der Mangel an Wohnungen überall ist auch ein hausgemachtes Problem: Miethaie können allerdings sehr „deutsch“ sein!
Die Klagen der Bürgermeister:innen der Kommunen, die Aufnahme der Migrant:innen sei untragbar, ist nicht weniger heuchlerisch. Die Finanzierung sei ein großes Problem. Aber als die Bundesregierung 100 Milliarden für die Aufrüstung bewilligt hat, haben dieselben Politiker:innen kein Problem gesehen. Gleichzeitig kommen die Kommunen, die bereit sind Geflüchtete aufzunehmen, in dem Geschrei nicht zu Wort. Diese abgesprochene Politik zielt darauf uns zu vermitteln, dass eine „Obergrenze“ für Flüchtlinge erreicht sei, was völlig daneben ist.
Das ganze Aufgeputsche findet völlig ohne Fakten statt: 2022 gab es gerade mal 244.132 Asylanträge in Deutschland. In diesem Jahr sind wir Stand August bei 220.116. Eine Million Ukrainer:innen sind seit letztem Jahr hier angekommen, sie leben und arbeiten hier. Natürlich könnte Deutschland eine weitere Million und mehr vertragen. Es ist lächerlich, in einem so reichen Land wie Deutschland von einer „Obergrenze“ zu sprechen.
Nach 30 Jahren Runterwirtschaften des Öffentlichen Dienstes und Streichungen überall kann jeder seine Story erzählen. Aber gleichzeitig machen die Konzerne Gewinne ohne Grenzen und werden die Milliardäre und Millionärinnen reicher. Verlieren wir also nicht die Orientierung, wenn wir nach Gründen für die ganze Misere suchen!
Schützen uns die Grenzen?
Die Politiker:innen reden angeblich in unserem Namen. Aber in dem „wunderbaren“ Land Deutschland frisst seit 2 Jahren die Inflation die Löhne und Sozialleistungen auf. Personalmangel herrscht überall, selbst „Arbeitgeber“ (bzw. Ausbeuter) reden von Fachkräftemangel. Wir brauchen also eher Migrant:innen! Die Idee, dass Grenzen die Situation der arbeitenden Klasse verbessern würde, ist im besten Fall eine gefährliche Illusion. Wenn sie aus der Politik kommt, ist das Hetze. Keine noch strengere und tödlichere Politik gegen die Migrant:innen wird uns gegen die wachsenden Schwierigkeiten und die geplanten Angriffe schützen.
Lohnempfänger wie wir alle
Die Migrant:innen, die keine Chance auf Aufenthaltsrecht haben oder deren Asylantrag abgelehnt wurde, fangen sofort an illegal zu arbeiten. Sie haben keine Wahl und müssen mit zwei oder drei Jobs überleben. Für die Wirtschaft sind sie von Anfang an keine Belastung, sondern Öl im Räderwerk. Sie haben einen schlechteren Zugang zu Gesundheitsleistungen. Selbst wenn sie eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, erledigen sie eher die schwierigsten Aufgaben. Im Arbeitsalltag und in Streiks sind wir Verbündete! Und zum Glück zeigen sie auch klare Kante. Zum Beispiel haben kürzlich 60 Lkw-Fahrer und jetzt noch mal 80 aus Georgien, Usbekistan und anderen Ländern auf der A5-Raststätte Gräfenhausen (Hessen) gestreikt, weil irgendso‘ne Ausbeuter-Spedition die Löhne nicht zahlen wollte.
Wem nützen die Grenzen?
Die angekündigten verschärften Kontrollen an den östlichen Grenzen sowie die tödliche Grenze im Mittelmeer sind Teil eines weltweiten Systems, wo Würde und Zufriedenheit der Menschen keinen Platz haben. Für die reiche exportorientierte deutsche Wirtschaft hingegen sind die Grenzen durchlässig. Die Plünderung der Welt geht immer weiter. Die Verursacher dieser Politik sind weder weit im Osten noch südlich von Europa zu suchen: es sind die hiesigen Großunternehmen. Die Migrant:innen sind die Opfer dieses Systems, das zu lange schon besteht.
Lassen wir uns also nicht von denen betrügen, die uns erzählen wollen, Migration sei das Problem!
